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  Die Geschichte von dem kleinen naseweisen Mädchen ( 5 )
  Unten um die Bäume herum aber standen weiße Bettchen für die großen Puppen, schön eingerichtete Stuben für die kleinen prächtigen Puppenküchen mit glänzendem Geschirr von Porzellan, Kupfer und Blech. Daneben prangten Kaufläden und Festungen, Ställe für die Pferde, Schäfereien und Puppentheater - nein, die Augen tun Einem weh, wenn man nur daran denkt, wie musste es erst dem Mathildchen beim Sehen zu Mute werden!
  Nachdem es sich da satt geguckt, führte es Christkindchen zu den Felsen, die zwischen den Bäumen liegen, da waren dann die niedrigsten auch wieder ganz mit Sachen für die kleinen Leute bedeckt. Da lagen Kleidchen und Hütchen, Hosen und Kittel aller Art, Mäntelchen und Kapuzen, Stiefel und Schuhe von allen Farben, am schönsten waren aber die von blauem lackiertem Leder, die das Christkind erst ganz neu von Paris hatte kommen lassen. Was aber dem Mathildchen fast am meisten in die Augen leuchtete, das war ein ganzer Berg von Bilderbüchern. Gott, wie schön! Alle unartigen und alle geschickten Kinder waren da in Menge abgebildet und ihre Geschichte stand in schönen Versen darunter gedruckt. Es bleibt jetzt von den Kindern gar nichts Böses mehr verborgen, die ganze Welt kann es lesen, wenn Elischen eigensinnig und Sophiechen zornig war, oder wenn der Louis die Schwester schlägt und der Fritz nichts lernen will. Wer als ungezogenes Kind in die Bilderbücher kommt, muss sich sehr schämen, aber wer als artiges darin steht, darf sich freuen, das merkt Euch wohl.
  Nun wollte aber das Mathildchen auch sehen, was vielleicht seine Mama und sein Papa, die Tante, der Onkel und die Großeltern von dem Christkindchen bekämen. Da fehlte es dann auch nicht an den wunderschönsten Sachen. Für die großen Leute war Alles auf dem hohen Felsen ausgebreitet und gar oft musste Mathildchen sich auf die fußspitzen stellen, um die schönen Kleider, die Uhren und goldnen Bücher und herrlichen Bilder sehen zu können. auf einmal aber standen sie einer hohen Wand gegenüber, vor der man nicht mehr weiter konnte, die duftete ganz köstlich, nicht wie Rosen und Veilchen, aber für kleine Nasen noch viel süßer und herrlicher. Ja, was war denn das? Ei, Kinder, das war ein ganzes Gebirge von Lebkuchen, Anisgebackenes, Marzipan, verzuckerten Früchten, Schokoladenbonbons, Zuckerbrezeln usw. usw.
  So viele gute Sachen hatte das Mathildchen noch nie in seinem Leben bei einander gesehen und es sperrte vor Erstaunen die Augen so ungeheuer weit auf, dass das Christkind laut darüber lachen musste.
  Es nahm aus der süßen Wand von jeder Sorte ein Stückchen und legte es in Mathildchens Schürzchen, es waren aber so viele, dass sie kaum Platz darin fanden und gar mancher Apfel und manche Nuss rollten wieder heraus und blieben unbeachtet an der Erde liegen. Christkindchen aber freute sich, dass Mathildchen nicht gleich ohne Weiteres in das Marzipan oder den Lebkuchen hinein biss, sondern hübsch damit warten wollte, bis zu Hause.
  "Jetzt komm', mein liebes Kind", sagte es freundlich, "nun Du alle meine Herrlichkeiten gesehen, wähle Dir zum Christgeschenk davon aus, was Dir am besten gefällt." "Ach", seufzte Mathildchen, "liebes Christkindchen, dort oben an dem Baum hängt eine Puppe mit blonden Locken, einem Strohhütchen mit einer Pfauenfeder, einer roten Bluse, roten Stiefelchen und einem schwarzen Gürtel, an dem eine kleine Ledertasche hängt. Diese Puppe gefällt mir am meisten von allen. Sie sieht mir so bekannt aus, als ob ich schon lange damit gespielt hätte, die möchte ich gar zu gerne haben."
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  Luise Büchner 1821 - 1877
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