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  Die Geschichte von dem kleinen naseweisen Mädchen ( 3 )
  Ein schneeweißes Kleid mit goldnen und silbernen Sternen bestickt, fiel ihm bis herab auf die Füße und seinen feinen Schleier hielt eine hohe Sternenkrone fest, unter der blickten die großen, blauen Augen so selig und gut hinauf in den Himmel und die Wangen glühten in so hellem Rosenlicht, dass man über diesem Anblick alles Übrige vergaß. Mathildchen konnte lange kein Auge von ihm wenden, aber als es nun endlich weiter um sich schaute, puh! da ward ihm wieder angst und bange.
  Auf der Erde ganz dicht zu Christkindchens Füßen saß der Knecht Nikolaus, der war nicht so holdselig anzuschaun. Er war in seinen Pelzrock gehüllt, hatte die Pelzmütze fast bis an die Nase in's Gesicht gezogen und auf seine Brust herab wallte nicht mehr wie früher ein schwarzer, sondern ein langer, weißer Bart. Neben dem hellen, freundlichen Christkindchen sah er noch dunkler und mürrischer aus als gewöhnlich. Er machte auch gerade jetzt ein besonders verdrießliches Gesicht und hatte neben sich wieder einen ganzen Berg von Ruten liegen. "Lass gut sein, Nikolaus", sagte das Christkind mit seinem hellen, feinen Stimmchen, das noch viel süßer klang, als das silberne Schellchen, "wir haben jetzt Ruten genug."
  "Nein", brummte Nikolaus mit einer Stimme, dass Mathildchen meinte, ein dumpfer Donner rolle über die Odenwaldberge hin, "ich muss noch eine vom Kräutchen Eigensinn machen; dort unten wohnt ein kleiner Junge, der heißt Georg und hat sie sehr nötig."
  Als Mathildchen hinter seinem Baum dies hörte, ging ihm fast der Atem aus, es hatte ja ein recht eigensinniges Brüderchen, das heißt Georg, und es seufzte zitternd: "Ach!"
  Aber, o weh!" trotz seiner Pelzkappe hat der Nikolaus die feinsten Ohren, er schaute auf und sah hinter dem Baum ein Stück von einem roten Röckchen hervorgucken und ein kleines vor Schreck fast weißes Näschen, das sich ängstlich an die Rinde drückte. Er ward vor Zorn ganz rot im Gesicht und rief mit einer fürchterlichen Stimme: "Was steckt denn da hinten? Hervor Du kleines, naseweises Ding, dass ich Dir die Rute gebe! Kannst Du nicht warten bis zu dem Wehnachtsabend und kommst da herauf, um uns auszuspionieren!" Da blieb dem armen Mathildchen doch ganz gewiss gar nichts anders übrig, als laut zu schluchzen und zu weinen und das tat es denn auch recht herzhaft.
  "Jetzt heulst Du uns auch noch die Ohren voll", schrie der Nikolaus immer zorniger. Christkindchen aber hob seine kleine Hand auf, tippte damit dem Nikolaus auf die Schulter und sagte: "So schweige doch stille, Du alter Brummbär! Du hast das arme, kleine Mädchen ja so erschreckt, dass es gar nicht mehr sprechen kann."
  Dann schwebte es zu Mathildchen hin, das schluchzend den Baum umspannt hielt und sagte freundlich, ach! so freundlich: "Komm her, mein liebes Kind, fürchte dich nicht, sondern sage mir, wie Du so ganz allein da in der Nacht zu mir herauf kommst."
  Während es so sprach, schüttelte der Nikolaus zornig mit dem Kopf und band noch emsiger als zuvor an seinen Ruten, denn er ärgerte sich offenbar über das Christkind. Das ließ sich nicht irre machen, führte Mathildchen herein in den Kreis, streichelte ihr Haar ihr Haar und als diese endlich nicht mehr schluchzen musste, sondern wieder ordentlich sprechen konnte, sagte es: "Ach, liebes Christkind, sei mir nur nicht böse; ich wollte nicht auf den Böllstein, ich war nur in dem Walde verirrt, wusste gar nicht mehr wo ich war und lief immer dem Lichte nach, bis ich hier oben stand.
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  Luise Büchner 1821 - 1877
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