Die Geschichte vom Weihnachtsmarkt ( 3 )
Eines machte das Andere auf immer neue Wunder aufmerksam und
Christkind freute sich an ihrer Freude und lachte fröhlich mit ihnen. auf
einmal sah es ganz am Ende der Bude ein kleines Mädchen von etwa zehn
Jahren stehen, das einen schweren, zappelnden Buben auf dem Arm hielt, der
fortwährend in die Höhe reichte, so dass die Kleine große
Mühe hatte, ihn festzuhalten. Sie musste sehr arm sein, denn sie hatte ein
ganz dünnes Röckchen an und ihre Arme waren halb entblößt,
aber das Haar war ordentlich gekämmt und in zwei feste Zöpfe
geflochten, unter denen ein Paar dunkelblaue Augen gar gutmütig und
freundlich hervorschauten. Sie lächelte bald dem Brüderchen zu, bald
betrachtete sie die schönen Dinge mit einer Freude, dass man sich selber
darüber freuen musste. Christkindchen ging zu dem Mädchen, legte ihm
leise die Hand auf die Schulter und sagte mit seiner süßen Stimme:
"Liebes Kind, die Sachen da gefallen Dir wohl sehr gut; wähle Dir
etwas davon aus, was Du am liebsten haben möchtest, ich will es Dir zum
Weihnachtsgeschenke geben."
Das Kind ward dunkelrot vor Freude, seine Augen leuchteten und durchliefen die
bunte Reihe, die vor ihm prangte. Da reichte das Brüderchen wieder
jauchzend mit dem Händchen empor. Das Mädchen drückte das Kind
an sich, folgte seinem verlangenden Blick und sagte dann schüchtern, indem
es die Augen niederschlug: "Wenn sie mir wirklich eine Freude machen
wollen, so geben sie meinem Brüderchen die goldglänzende Trompete,
die da oben hängt, er möchte sie gar zu gern haben."
Dem guten Christkind kamen die Tränen in die Augen, als es das hörte.
Das war ein Kind nach seinem Sinn. Es gönnte dem Brüderchen lieber
eine Freude, als sich selbst. Schnell nahm Christkind die Trompete herunter,
reichte sie dem Brüderchen hin, das hell auflachte und ging weiter."
"Da hätte doch das Christkind dem guten Mädchen auch etwas geben
können!" rief Mathildchen eifrig.
"Sei nur ruhig und höre weiter zu, Christkind machte es noch viel
besser. Da es alle Menschen kennt, so wusste es, dass das brave Schwesterchen,
welches seinen Bruder so lieb hatte, Mariechen hieß, dass seine Eltern
sehr arm waren und sie ganz am Ende der Stadt in einem alten, kleinen
Häuschen wohnten.
Am nächsten Abend war Weihnacht. Schon flammten überall die
Christbäume, jauchzten und lärmten die Kinder, in dem kleinen
Häuschen aber war es dunkel und still. "Wir sind zu arm, wir
können das Christkind nicht bestellen", sagte die Mutter zu ihren
fünf Kindern, als sie beieinander saßen und Eines derselben fragte,
ob nicht das Christkind auch zu ihnen käme. Dabei weinte sie und die
Kinder taten es auch. Nur der kleine Bruder war vergnügt, der schmetterte
laut auf seiner Trompete und das gute Mariechen, welches das älteste der
Geschwister war, einte auch nicht und sagte: "Ach, wir sind doch
vergnügt, wir haben einander ja so lieb." Auf einmal aber ward es
lebendig vor dem kleinen Hause; es klingelte so sonderbar und leise durch die
dunkle Nacht und da kam ja wahrhaftig ein Eselein einhergetrabt, neben dem ging
ein dunkler Mann mit einem weißen, langen Bart und auf dem Esel saß
ein wunderschöner Engel, mit weißen, glänzenden Flügeln
und einem lichtblauen Gewande, das war wie der Winterhimmel mit flimmernden
Sternen ganz übersät. Das konnte ja wohl Niemand anders sein, als
unser liebes Christkind mit seinem getreuen Nikolaus.
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Luise Büchner 1821 - 1877
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