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  Die heilige Weihnachtszeit ( 1 )
  Wenn der Städter über Feiertage etwas Sicheres wissen will, so muss er sich bei den Bauern anfragen. Der städtische Arbeiter genießt den Feiertag, ohne viel darüber nachzugrübeln; der Bauer, der sonst nicht gerade gewohnt ist, den Grund und Zweck der Dinge zu erfassen, will jedoch wissen, warum er rastet, in die Kirche geht oder sich einen Rausch antrinkt. Er hat seine Feiertagswissenschaft und seine Feiertagsstimmung.
  Ich will von mir nicht reden, sagt man, wenn man von sich selbst zu reden beginnt. Allein um das zu sagen: Ich war, so lange mich die Bauernfeiertage noch etwas angingen, ein gar radikaler Patron. Mir waren der Kirchenkalender und darin die einzelnen Feste chronologisch zu sehr verschoben. Ich wollte, dass das kirchliche Jahr und das Sonnenjahr gleichen Schritt halten sollten, wie sich's auch gehört, wenn Himmel und Heiland mit einander harmonieren wollen. Da die Sonne nun aber einmal nicht nachgibt, so sollte die Kirche nachgeben. Sie hätte, wie ich einmal gelesen, ihre größten Feste ohnehin auf willkürliche Tage gesetzt. Und wenn am 22. Dezember, als an dem Tage, da die so tief gesunkene Sonne ihre Umkehr hält, schon der Advent nicht beginnen will, so hätte ich es mindestens gern gesehen, dass am selben Datum der Christtag gewesen wäre. Daran hätte sich ohne Einschub schicksam gereicht alle Feste, die sich auf die Kindheit Jesu beziehen, als das Fest der Beschneidung, der Opferung, der Heiligen drei Könige, der Unschuldigen Kinder u. s. w. so dass wir mit den Weihnachtsfeiertagen bequem vor dem Fasching fertig geworden wären. Nach derselben Fortsetzung aller weiteren Feste, mit denen man bis Ende Juni zu Rande gekommen sein würde. Die zweite Hälfte des Jahres könnte den Heiligenfesten gewidmet werden, und das durcheinander wäre einmal nicht Not! - Und die Richtigschiebung der Zeit könnte auf die einfachste Weise bewerkstelligt werden, wenn man vierzig Jahre lang den Schalttag aus dem Spiele ließe. Durch das zehnmalige Wegfallen des Schalttages wäre das bürgerliche Jahr um zehn Tage verrückt und fiele mit dem Sonnenjahr zusammen. - Ich habe diese Reformpläne auch richtig einmal meinem Beichtvater, dem guten alten Pfarrer Johann Plesch in Kathrein am Hauenstein, vorgelegt; dieser meinte, wie er die Gelehrten und auch die Katholische Kirche kenne, würden sie auf eine solche Änderung nicht eingehen wollen. Es hätten die Franzosen einmal bei einer großen Revolution mit Feuer und Schwert die Sonn - und Feiertage verlegt, wäre doch aber schließlich die heilige Kirche mit ihrem alten Brauch Herr geblieben. So sollte ich als einfältiger Bauernbub von solchen Sachen hübsch still sein.
  Sonach beschäftigte ich mich heute mit dem, wie es ist, und nicht mit dem, wie es sein sollte.
  Die Weihnachtszeit hebt - wie die Weltgeschichte überhaupt - mit Adam und Eva an. Diese unsere lieben Eltern haben dem Kalender nach am 24. Dezember ihren Namenstag. Daher könnten schlechte Christen die Weihnachtsgeschenke auch so auslegen, als ob am Tage ihrer ersten Eltern, als am Erinnerungstage ihres eigenen Entstehens, die Menschheit mit Liebesgaben sich selber gratulierten. Weil ihr in der Tat zu gratulieren wäre, wenn sie sich täglich so benähme, wie am Weihnachtsabende.
  Die eigentliche Weihnachtsvorahnung beginnt mit dem "Nikolo" und vollends mit der Thomasnacht, die Christnacht und die Silvesternacht sind die Nächte der fragenden Jungfrauen.
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  Peter Rosegger 1843 - 1918
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