Die heilige Weihnachtszeit ( 3 )
Eines Tages brachten die Juden einen wilden Ochsen zu ihm und
sagten: der Name ihres Gottes sei so groß und schrecklich, dass, wenn sie
selben dem Ochsen ins Ohr sagten das Tier auf der Stelle tot zusammen
stürzen müsse. Der Papst ließ es auf eine Probe ankommen, und
in der Tat, der Ochse fiel bei der Nennung des Judengottes um und war tot. Nun
sagte der Papst Silvester: "Wenn der Name eures Gottes so schrecklich ist,
ein Tier zu töten, so ist der Name des meinen so mächtig, es wieder
zum Leben zu erwecken." Er rief das Wort aus - und das Tier wurde wieder
lebendig.
Indes hat Silvester seine große Berühmtheit weniger dieser
Auferweckung zu danken, als dem Umstand, dass er der Schlusswart des Jahres
geworden ist. Das ist aber beziehungsweise seit kurzer Zeit; erst im Jahre
1583, also vor dreihundert Jahren, hat der gregorianische Kalender im
katholischen Deutschland Eingang gefunden, wonach Silvester als
Torschließer angestellt wurde und als solcher mancherlei Gratifikation
bezieht.
Das Neujahrsfest ist der achte in der Reihe der Weihnachtsfeiertage. an diesem
Tage schiebt der Bauer seinem Vaterunser folgenden Satz an: "Wölln
Gott bittn um a glückseliges neus Jahr; und dass er's verflossni Johr
glückseli g'schenkt hot, donksogn!" Der Kracher Martin auf der
Niederlenthen ist so gottergeben zufrieden, dass er als ihm in einem Jahr ein
reicher Oheim, zwei Weiber und eine Schwiegermutter starben, in dem Satz des
darauf folgenden Neujahrsgebetes: "s verflossni Johr glückseli
g'schenkt hot, donksogn' nicht eine Silbe änderte.
Nun kommen vier Werktage, die aber, weil sie noch in der Weihnachtszeit liegen,
eine gewisse Ausnahmestellung genießen; es soll in denselben weder
gedroschen noch gesponnen werden. Der Abend des 5. Jänner gebärdet
sich als ob mit ihm das hohe Fest von neuem beginnen wollte. Wie am Christ -
und am Silvesterabend, so geht der Bauer mit dem Weihrauchgefäß und
dem Sprengwedel durch Haus und Hof; nur der Unterschied, dass er diesmal mit
der Kreide an jede Tür und jedes Tor drei Kreuze zeichnet, und auf die
Türstirne seiner Stube oder den Trambaum folgende Zeichen malt: C + M + B
+. Mancher, der's leider selber nicht kann, entlehnt sich irgendwo einen
Schriftgelehrten, der ihm die "heiligen drei Könige"
aufschreibt.
Mich ließ einst für diese Geschäft unsere Nachbarin, die alte
Riegelbergerin, holen; nun war im Hause ein Stück Kreide von der
Größe einer Erbse, so dass ich es kaum zwischen den Fingern zu
halten vermochte. Das C und das M gelangen mit Mühe, dann sprang das
weiße Körnchen plötzlich ab, verkollerte sich auf dem Fletz und
war nicht mehr zu finden. Was jetzt? Ich zeichnete das B mit einem Stück
Holzkohle. die Riegelbergerin erschrak, denn gerade als Schutz gegen den
"Schwarzen" hatte sie sich die heiligen Zeichen machen lassen. fragte
ich denn ob sie diese Sache je mit besserem Schick und Sinn ausgeführt
gesehen? Ob sie nie etwas davon gehört, von den heiligen drei Königen
der eine der Balthasar, ein Mohr gewesen?
Der Ausspruch hat mir ein Stück Kletzenbrot eingetragen; was weiter war,
weiß ich nicht mehr.
Wenn ihr brave Kinder wäret meine lieben Leser, ich würde euch viel
Anmutiges erzählen von den heiligen drei Königen. Es sollen, sagt
eine Auslegung, nicht sowohl Könige als Weise gewesen sein, aber man hat
erwogen, dass man vor dem Volke mit goldschimmernden Königen mehr Ehre
einlegt, als mit Weisen. Der Prophet Balaam hatte einst gesagt: Es wird aus dem
Reiche Jakobs ein Stern aufgehen, und der wird einen mächtigen König
bedeuten über Juden und Heiden.
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Peter Rosegger 1843 - 1918
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