Die Geschichte von der Frau Holle ( 6 )
Sie zündeten ihre Kerzchen an, mit denen sie in den lauen
Sommernächten zwischen den Büschen und Gesträuchen herumtanzen
und flogen damit auf die Fichten und Tannen, die den Böllstein umgeben. Es
war wunderschön anzusehen, wie viele Lichter zwischen dem dunklen
Grün der Tannen glänzten und schimmerten. Frau Holle war ganz
entzückt davon; sie nahm das Kindlein auf den Arm und trug es hinaus, ihm
die Pracht zu zeigen. Da machte es die schönen Augen weit auf und
lächelte holdselig; die Engelein aber sangen:
"Sei gesegnet, Christkindlein,
Denn so sollst du heißen,
Weil noch nie so hold und rein
War ein Kind zu preisen!
Wer dich sieht, wird fromm und gut,
Muss vor dir sich neigen,
Oh, so nimm in deine Hut
Kindlein dir die gleichen!"
"Ja", sagte Frau Holle, indem sie das Kindlein hoch emporhob zu den
vielen Lichtern und den ewigen, glänzenden Sternen, "so soll es
werden, und so glücklich wie ich jetzt bin, sollen fortan in dieser Nacht
alle guten, braven Menschen und Kinder sein - es ist eine Weihnacht für
mich und für die ganze Welt. Übers Jahr, wenn du größer
bist, gehst du hinunter, wo die Menschen wohnen, bringst ihnen schöne
Gaben und zündest ihnen schimmernde Kerzen an grünen Bäumen an,
damit ihnen die lange Winternacht so hell und freudig werde, wie sie eben uns
geworden ist."
Da klatschten die Englein in die Hände und riefen: "So soll es sein!
Jedes Jahr wird nun den guten braven Kindern das Christkind neu geboren
werden!" Darauf gingen sie wieder alle in den schönen goldenen Saal,
der Storch flog fort - und nun wisst ihr die Geschichte von der Frau Holle und
dem Christkind, dessen Geburtstag wir sehr bald wieder feiern werden!
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Luise Büchner 1821 - 1877
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