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  Die Geschichte vom Christkind-Vogel ( 3 )
  Bei der Sonne ist es furchtbar heiß, hier unten kalt, ich bekäme den Schnupfen, würde heißer - mein Gott, wer sollte denn da im nächsten Frühjahr Busch und Wald und alle liebenden Herzen mit seinem Gesang entzücken?"
  Was konnte Christkind dazu sagen? Es nickte ohne ein Wort zu sprechen und sah sich dann fragend und trauernd im ganzen Kreise um; gerade auf die Nachtigall, die ja doch als Künstlerin ein großes Herz haben musste, hatte es im Stillen am meisten gerechnet. "Geschätzte Freundin", hob nun der Dompfaff an, "ich bin stets bereit zu allen guten Werken, aber es steht geschrieben: "Wer sich mutwillig in Gefahr begibt, kommt darinnen um." Der Flug, den Du und da zumutest, ist für unsere Fittiche zu hoch; aber selbst wenn ich ihn unternehmen wollte, so dürfte ich nicht, denn wer sollte denn noch hier im Walde Sitte und Ordnung aufrecht erhalten, wenn ich verderbe?"
  "Ja, ja", schnatterte die Elster dazwischen, "der würdige Herr Dompfaff hat ganz Recht. Er muss bei und bleiben und ich kann mich auch durchaus nicht auf die Reise einlassen. Auf morgen bin ich bei der Drossel auf ein Gericht Würmer eingeladen, auf übermorgen zu Wiedehopf's und so die ganze Woche fort. Gott, wie schrecklich, wenn ich mich beschädigte und daheim bleiben müsste, die ganze Gesellschaft stürbe vor Langeweile!"
  Christkindchen wendete sich unmutig weg, aber die Not war gar zu groß, darum legte es sich noch einmal auf's Bitten. "Und Du, Lerche", sagte es lieblich, "willst Du mir nicht helfen? Du kannst ja doch höher fliegen und schwärmen als alle anderen Vögel." Die Lerche hob ihr Köpfchen auf, hing es auf eine Seite, sah zuerst Christkindchen schmachtend an und dann wieder zur Erde. Endlich schien sie Worte zu finden und flötete leise: "Liebes Christkind, ich fürchte mich; ich bin so zart und fein und es wäre gar unweiblich von mir, wenn ich mehr Mut haben wollte als die Männer.
  So war auch diese Hoffnung dahin - dem Christkindchen liefen zwei große Tränen über die rosigen Wangen und es hörte kaum, wie der Specht klapperte: "Welche Zumutung, an die Sonne zu fliegen! Bedanke mich schönstens, ich habe genug zu tun, wenn ich mein redlich Teil klappere und rassele, das gehört zum Handwerk und alles Übrige geht mich nichts an!"
  "Schweigt nur", rief Christkind entrüstet, "und fliegt wieder in Eure Nester; setzte Euch recht warm darin zurecht und freut Euch, dass Ihr das Leben habt. Es ist mir nur leid, dass ich Euch gerufen. Meine armen Kinder bekommen nun freilich dieses Jahr keine Christbäume!"
  Und doch! Und doch! Leise schwirrte es durch die Luft, und im nächsten Augenblick saß ein ganz kleines, unscheinbares Vöglein von grauer Farbe, das aber ein zierliches Krönlein auf dem Kopfe trug, welches ihm ein ganz besonderes Ansehen gab, auf Christkinds Schultern. "Ich will hinfliegen, Christkindchen", sagte es mit einem seiner Stimmchen, "und habe nur gewartet bis die großen und vornehmen Herrn Vögel gesprochen. Da sie verhindert sind, so ist es nicht unbescheiden von mir, wenn ich Dir mein Hilfe anbiete."
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  Luise Büchner 1821 - 1877
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