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  Erste Weihnachten in der Waldheimat ( 3 )
  Und just dieser Nebel schützte mich vor den Blicken der ums Haus herum arbeitenden Leute, als ich vom Walde her mit einem Fichtenwipfelchen gegen die Wagenhütte lief, dort das Bäumlein in ein Scheit bohrte und unter dem Karren- und Räderwerk versteckte. Dann ging ich nach Sankt Kathrein zum Krämer, um Äpfel zu kaufen. Der hatte aber keine, sie waren im selben Jahr zu Pöllau und Hartberg nicht geraten und so war kein Obstträger in die Gebirgsgegend gekommen.
  Nun fragte ich den Krämer, ob er vielleicht Nüsse habe.
  "Nüsse!" sagte er. "Zum Anschauen oder zum Aufschlagen? Ich habe ihrer noch ein Sackel, vom vorigen Jahr her. Aber sie sind nur zum Anschauen. Schlagst sie auf, so hast einen schwarzen oder verdorrten Kern, der nit zum Essen ist."
  Die Nüsse ließ ich ihm. Das wollte ich dem Brüderle nicht antun: Eine schöne Schale und kein Kern. Solche Sachen darf man ihm nicht angewöhnen.
  Was sollte ich nun kaufen. Er hatte ja allerhand schöne Sachen, der Krämer. Rote Sacktücheln, Hosenträger, Handspiegel, Tabakspfeifen, sogar Maulwetzen (Mundharmoniken). Doch abgesehen davon, dass der angehende Pädagoge manches nicht passend fand, hatte ich mit meinem Geldvorrat zu rechnen, der mich ja auch wieder nach Graz bringen sollte. "So wär` ich halt umsonst gegangen," sagte ich.
  Darauf der Krämer: "Damit du nit umsonst gegangen bist - wenn man noch du sagen darf zum Herr Studenten -, so trink da ein Stamperl Roten." Damit goss er mir aus der Flasche süßen roten Schnaps in ein Gläschen. Als ich getrunken hatte, war mir der Mut gestiegen und die Geldsorge gesunken. Aber nicht beim Krämer wurde eingekauft, daraufhin war der Rote auch nicht gespendet vom alten braven Haselgraber. Ich ging über das Brückerl zum Bäcker hinüber und kaufte einen Vierkreuzerwecken, den ich fürsorglich in die Brusttasche steckte, so das der Fuhrmann Blasel, der mir nachher begegnete, lachend auf mich herrief: "Nau, der Waldbauer-Peter hat ja eine Hühnerbrust bekemma!" denn die Vierkreuzerwecken in Sankt Kathrein waren damals nicht danach, dass sie unter dem zugeknöpften Rock verborgen bleiben konnten. Ich kam nach Hause und nun war für den Christbaum alles beisammen. Aber kaum mir darob behaglich ward, fiel mir ein, dass gerade noch etwas Wichtiges fehlte: die Kerzen. Ich hatte der kleinen Wachskerzen vergessen; wo nehme ich sie her?
  Ich nahm sie einfach her.
  In einem Bauernhause ist für alles Rat, nur gehört zur Herbeischaffung manchmal eine Notlüge dazu. Sie ist nicht schwer zu machen. Zur Mutter ging ich und bat, ob sie mir nicht ihren roten Mariazeller-Wachsstock leihen wollte. Sie fragte wozu? Na, dann tat ich`s halt. Ich ginge in der Nacht zur Christmette, wo in der Kirche alle Leute ihre Lichter hätten, so möchte ich auch eins haben. Sie langte nur in ihren Gewandkasten, da hatte ich den Wachsstock.
  Dann ward es Abend. Die Gesindleute waren noch in den Ställen beschäftigt, oder in den Kammern, wo sie sich nach der Sitte des heiligen Abends die Köpfe wuschen, und ihr Festgewand herrichteten. Die Mutter in der Küche buk die Christtagskrapfen und der Vater mit dem kleinen Nickerl besegnete den Hof. Hatte nämlich der Vater in einem Gefäß glühende Kohlen, hatte auf dieselben Weihrauch gestreut und ging damit durch alle Räume des Hofes, durch die Stallungen, Scheunen und Vorratskammern, in alle Stuben und Kammern des Hauses endlich, um sie zu beräuchern und dabei schweigend zu beten.
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  Paula Dehmel 1862 - 1918
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