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  Das Christkindlein ( 3 )
  Eschau, am Tag vor dem heiligen Christfest 1737
  Insonderheit geliebter Herr Vetter!
  Wie seit dem Ableben unserer alten Base Haagin ein Streithandel sich zwischen uns erhoben und selbiger durch hoher Obrigkeit Spruch für mich einen guten Ausgang gewonnen, desgleichen wie seitdem Hass und Misstrauen viel mehr denn brüderliche Liebe und Treue zwischen uns beiden bestanden, ist Ihm wohl kund und bewusst, gleichwie auch mir.
  Sei Ihm nun aber auch das kund und zu wissen, wie heute vor 1737 Jahren der Herr Christus ist geboren worden, ein Seligmacher für Ihn und für mich, und dass die lieben Engelein, so damals auch auf die Erde kommen, nicht der Meinung gewesen, als ob Er und ich, des Herrn Erlöste, mit einander hadern sollten und Streithändel einander nachtragen, sondern sie haben gesungen: Fried auf Erden! Lieber, lass nicht länger Zank sein zwischen mir und dir, denn wir sind Gebrüder, - Gebrüder in Christo Jesu! Es wird uns nicht fein anstehen, wenn wir heute oder morgen dem Herrn ein Loblied singen, der uns geliebt und zu uns gekommen ist, da wir seine Feinde waren, und wollen doch einander nicht von Herzen lieben und vergeben, gleichwie Er uns geliebt und vergeben hat. Wir wissen auch nicht, ob nicht etwa der Heiland in dem kommenden Jahre den einen oder den andern gehen heißt aus diesem Jammertal, und wo wir alsdann einen seligen Gang zu tun vermeiden, so wissen wir, dass wir danach zusammen sein und mit lautem Schalle aus Einem Munde Ihn loben werden. Aber so wir`s nicht jetzt schon tun wollen, wird der Herr einst unser Loblied auch nicht mögen. Bitt also Ihn, Herr Vetter, herzlich um Vergebung über alles, so ich wissentlich oder unwissentlich gegen Ihn gefehlt in Werken, Worten und Gedanken, um Des willen, der heute geboren ist, ein Friedefürst. Ist jemals ein arger Gedanke und falsche Ader in mir gewesen, so weiß ich`s nicht; dass jetzt dem nicht so ist, ist Gott bekannt, versehe mich`s also in christlicher Lieb und Treue, dass Er mein Bitten nicht versagen, sondern freundliche Erwiderung tun wird.
  Grüß Er mir auch sein liebes Söhnlein Christoph.
  Der getreue Gott wolle Ihm diesen Seiner Augen Trost und Freude gnädiglich erhalten und ein fein, fromm und verständig Kind aus ihm machen, dass er zunehme, wie an Weisheit, so an Gnade bei Gott und den Menschen. Verbleibe also mit Erbietung aller freundlichen Dienste
 
  Sein getreuer Vetter
  M.Georg Christoph Gerner.
 
  Die Augen wurden ihm nass, als er das Brieflein las. - Ach, voriges Jahr, als er den Brief empfing, waren sie ihm nicht nass geworden. Damals lebte noch sein Christoph, sein einziges Kind, das der Pfarrer so freundlich hatte grüßen lassen und statt 12000 Gulden hatte der Christoph nur 11000 zu erwarten, seit der Pfarrer den Prozess ihm abgewonnen, und das hatte er diesem nicht vergeben können und hatte seinen Brief ihm ohne Erwiderung gelassen.
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  Karl Heinrich Caspari 1815 - 1861
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