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  Puck Kraienfoot ( 1 )
  Ganz hinten an der Heide, wo sich Fuchs und Has im Mondschein begegnen, liegt ein ganz barbarischer Heidberg.
  Oben auf seinem Kopfe steht eine großmächtige Fuhre, die größte weit und breit. Man kann sie weit sehen, und die Bauern richten sich nach ihr, wenn sie über die Heide fahren.
  In ihrer Krone horstet der Kauk, der große Rabe, in ihrem Stammloch brütet der Schwarzspecht, unter ihren Wurzeln hat die giftige Schnake ihr Schlupfloch. Und da wohnt auch Puck Kraihenfoot.
  Puck Kraienfoot ist ein einschichtiger Schwarzgelb. Er ist ein Fuß hoch, hat ein grünes und ein rotes Auge, gelbe Mäusezähne, einen langen, flechtenfarbenen Bart, eine Nase wie eine Hagebutte, Finger wie ein Kateiker und Füße wie eine Krähe.
  Er trägt einen knallroten, etwas verschossenen Mantel mit hoher spitzer Kapuze, der ihm bis auf die Vogelfüßchen reicht. Die Füßchen aber sieht man nicht, denn er schämt sich sehr darüber und trägt im Winter lange Stiefel und im Sommer Schuhe und Gamaschen.
  Im Sommer hat er es gut. Da sitzt er auf der mittleren Fuhrenwurzel, die er schon ganz blank gescheuert hat, spielt auf einer Flöte, die er aus einem weißen Hasenknochen gemacht hat, ganz merkwürdige Weisen, oder er schmökt aus einem Krähenschädel in dem ein Reethalm steckt, getrocknete Postblätter.
  Wenn er Besuch von anderen einschichtigen Elben bekommt, zum Beispiel von Niß Pogg vom Steingrab oder von Peter Wipp aus dem Dübelsmoor, dann lässt er etwas draufgehen. Dann müssen die Grillen fiedeln. Die Glühwürmer illuminieren die Wurzelstube, die Heidlerchen tragen Lieder vor, die Poggen bilden den Chor, und Puck Kraihenfoot und seine Gäste dudeln sich im süßen Bickbeermost und herben Moorbeersekt ganz gehörig einen an.
  Im Winter aber wohnt Puck nicht unter der hohen Fuhre am hellen Berge. Er ist alt und etwas frosterig, und dann ist es ihm auch zu langweilig da. Er zieht dann zu einem Bauern. Hat es da gut, dann kann der Mann sich freuen. Dann bollwerkt im Sommer darauf der Buchweizen nur so, der Roggen trägt doppelt, die Immenstöcke laufen über, keine Kuh verkalbt und kein Schwein kriegt das wilde Feuer.
  Sind die Leute aber zu ihm nicht gut, dann geht es ihnen leege. Dann dreht er den Hühnern und Gänsen den Kragen um, ängstigt das Vieh im Stall, bis es sich kaputtschlägt, bläst die Pferde an, dass sie die Brustseuche kriegen, lässt die Bruten im Immenstock faulen, peitscht Nachts den Buchweizen, bis er braun wird, knickt die Bodenleitern ein, streut der Katze glühende Kohlen in das Fell, dass sie vor Angst in das Heu läuft, und macht sonstigen Unfug.
 
  Nun ist es Wintertag. Auf der Heide liegt der Schnee. Die Machangelbüsche sehen wie lauter Schneemänner aus, und die Fuhren haben weiße Hemden an. Die hohe Fuhre auf dem hellen Berge sieht aus wie ein großer weißer Schirm.
  Es ist Mittagszeit, aber es ist schneidend kalt. Der Wind steht von Nordost. Auf der Heide ist ein dunkler Fleck sichtbar. Das ist der Fuchs, der will zum Dorfe, vielleicht das es ihm glückt, einen alten Knochen oder einen Heringstopf zu erwischen.
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  Hermann Löns 1866 - 1914
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