Puck Kraienfoot ( 4 )
Dem jungen Bauern passte der Scherz nicht. Aber eine unsichtbare Gewalt riss
seine Hand nach vorne und drückte sie in die harte Hand des Alten. Der
Schneider schlug durch und rief: "Da lur up," bekam aber in demselben
Augenblick einen so furchtbaren Nasenstüber von unsichtbarer Hand, dass er
ganz nüchtern wurde und schleunigst abschob. Hinter ihm her aber rief aus
dem Giebelloch eine dünne Stimme: "Snider, Supuus, wut du woll to
Hus."
Am hellen Berge war die Nacht ein seltsames Leben. Das Rotwild, das aus der
Forst auf die Feldmark austreten wollte, verhoffte und sicherte, denn ein
seltsames Klingen kam durch die Luft. Und von allen Ecken kamen heran die Pucks
aus Moor und Heide, Geest und Bruch, in gelben, weißen, blauen, roten,
grauen, grünen, schwarzen Kutten, und ihre Enten- und Krähen- und
Gänsefüße traten sonderbare Spuren in den Schnee.
Unter der großen Fuhre aber stand Puck Kraihenfoot und rief: "Ick
mot trecken, helpet mi, wenn ju treckt, bün ick ok d'bie."
Da fassten sie alle zu, der Schnee knirschte, die Eiszapfen rasselten von den
Zweigen zu Boden, und dann hörte man es rauschen und schleifen, und eine
große Schneewolke zog vom hellen Berg nach Thormanns Hof.
Auf dem Hofe aber verkroch sich winselnd mit eingezogener Rute Wasser, der
Hund, in seiner Hütte. Denn es war da ein Gewimmel und ein Rennen kleiner
Leute, dass es ihm unheimlich war.
Als morgens der alte Futterknecht über den Hof ging, um Wasser aus dem
Soot zu pumpen, lief er gegen etwas an. Er sah an dem Baum in die Höhe,
rieb sich die Augen, brummte und weckte dann den Bauern. Der stieg trotz seines
schweren Kopfes eiliger als sonst in die Hosen, zog die Jacke über und
ging auf den Hof. Als er den Baum sah, der da schwarz in der grauen
Dämmerung stand, fröstelte ihn, und er sah ängstlich nach der
Giebelluke. Da saß Puck Kraihenfoot, bummelte mit den langbestiefelten
Beinen und rief mit seiner dünnen Junghahnenstimme: "Verwett' is
verwett', steiht min Bom da nich nett? Bur, dat is kin Drom, dat is de Guste
ehr Weihnachtsboom!" -
Das ist lange her; aber heute noch ist Thormanns Hof in der ganzen Heide der
einzige, dessen Hofbusch aus Fuhren besteht. Auf allen anderen stehen Eichen.
Und die Hausmarke der Grönebuschs genannt Thormanns ist der
Krähenfuß im Dreieck. Das Dreieck aber soll die Tarnkappe
Kraihenfoots sein.
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Hermann Löns 1866 - 1914
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