Puck Kraienfoot ( 2 )
Er schnüffelt auf dem Schnee herum, da, wo er
die Geläufe einer Krähe sieht. Aber da fährt er zurück,
sein Rückenhaar sträubt sich, und mit eingeklemmter Rute schnürt
er zum Holze zurück.
Es war nämlich Puck Kraihenfoots Spur, in der Reinecke
herumgeschnüffelt hatte, und die hatte eine Witterung, die kein Tier
verträgt. Das ist noch schlimmer als Franzosenöl.
Ja, Puck Kraihenfoot ist heute zum Dorfe gekommen, und fuchsteufelswild war der
Kleine. So wild, dass er ganz vergessen hatte, seine Stiefel anzuziehen, die er
in die Haferlade gelegt hatte, in der er Nachts schlief.
Es war einmal wieder zu schlimm gewesen auf Thormanns Hof. Der Bauer hatte in
einem fort gelärmt und geknurrt, und die Guste hat vor sich hingeweint.
Das ging nun schon wochenlang so, und wenn Puck die Guste nicht so gern
hätte leiden mögen, dann wäre er schon wo anders hingezogen.
Die Gurste hatte einen Liebsten, einen jungen frischen Kerl, und der Alte
wollte, sie sollte einen Witwer heiraten, der einen ebenso großen Hof
hatte wie Thormann. Und deswegen gab es nun Tag für Tag Ärger im
Haus. Puck Kraihenfoot saß brummig auf der hohen Fuhre, rauchte seinen
Post aus dem alten, schön angebräunten Krähenschädel und
überlegte, was sich machen ließe. Mit Gewaltmaßregeln, das sah
er ein, war hier nichts zu machen. Der Alte war hart wie ein eichener Klotz.
Puck hatte ihm neulich ein Bein gestellt, und der Alte war mit dem Kopfe an den
Dössel geschlagen, dass er nur so brummte, aber als er wieder zu sich kam,
hatte er nur noch mehr spektakelt.
Der Kleine seufzte. Dann fasste er in die Tasche seiner Kutte, holte eine
Flöte heraus, aus dem Reißzahn eines Dachses gemacht, und pfiff
zweimal darauf. Dann setzte er sich wieder hin und wartete.
Nach einigen Minuten tauchte links ein hellblauer Punkt auf und rechts ein
gelber. . Die kamen näher, und es waren Niß Pogg und Peter Wipp.
Ernst und gemessen näherten sie sich ihrem Freunde, verbeugten sich,
reichten ihm die Frosch- und Maulwurfshände, sprachen erst vom Wetter, von
dem hohen Schnee, von ihren Winterquartieren bei den Bauern und fragten
schließlich Puck, weshalb er sie gerufen habe.
Da erzählte er ihnen die Geschichte von Guste Thormann und Heinrich
Grönebusch und fragten sie, was er machen solle. Ganz ausführlich
legte er ihnen alles dar und schloss seine Rede: "Leewe Frünne,
hört to, ick roope: Wo kreeg ick de beiden Minschen tohope?"
Peter Wipp legte erst das Maulwurfhändchen an die spitze,
schnüffelnde Nase und überlegte. Dann senkte er die gelbe Kapuze und
sah auf seine Entenfüße. Endlich sprach er: "Min leiwe
Fründ Puck Kraihenfoot, hör too, wat ick segg, min Rat is got. Breck
ehm den Kragen, smit em up'n Schragen. Is de Ohle weege, kümmt alles in ne
Reege."
Niß Pogg nickte, dass seine blaue Kapuze hin und herwippte, schlug sich
mit den Froschhänden auf die Knie und rief: "Peter Wipp son Snack is
got, is de Ohle erst kalt und dod, is de Ohle weege, kümmt alles in de
Reege."
Puck Kraihenfoot aber schüttelte seine rote Kapuze und erwiderte: "De
Snei is witt und Bloot is rot, und witt und rot dat lät nich got."
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Hermann Löns 1866 - 1914
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