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  Die Geschichte vom Knecht Nikolaus ( 2 )
  "Das sagen alle bösen, unartigen Kinder, die ich durchaus nicht leiden kann", antwortete der Nikolaus, und sah dabei das gute Christkindchen ganz scharf und durchdringend an; es lächelte aber nur freundlich dagegen, denn es wusste ja, dass es sich nicht zu fürchten brauche. "Ei, lieber Nikolaus, da geht es mir grade wie Dir", antwortete Frau Holle, "und nun sage mir auch noch, wozu Du bei Deinen großen Besen die vielen kleinen liegen hast, mit denen kann man doch nicht fegen."
  "Ha, ha", lachte der Nikolaus, "das ist meine Erfindung; die kleinen Besen sind Ruten für die ungezogenen Kinder. Wenn ich den Müttern meine Besen verkaufe und ich höre, dass unartiges kleines Volk im Hause ist, schenke ich ihnen eine tüchtige Rute, um die bösen Schreier damit gehörig durchzuhauen. Da haben sie denn eine gewaltige Furcht vor mir und wenn ein Kind nicht gleich folgen will, sagt die Mutter nur zu ihm: "Schweig gleich still, sonst kommt der Besenbinder Nikolaus und bringt Dir eine Rute."
  "Ach, lieber Nikolaus", sagte Frau Holle, "wir passen ja ausgezeichnet zusammen; sage mir nun auch noch, wo Du herkommst."
  "Da", sagte er und deutete auf die Berge, "da hinter dem Böllstein bin ich her; dort steht mein Häuschen, in dem ich mich im Winter ausruhe und auf der warmen Ofenbank mein Pfeifchen rauche."
  "Verstehst du denn sonst gar nichts als Besen binden, lieber Nikolaus?"
  Den Nikolaus machte das viele Fragen ungeduldig; er hatte immer fort gearbeitet und warf nun einen fertigen Besen zu den übrigen, dass es laut klatschte und das Christkindchen ganz erschrocken in die Höhe fuhr. "Ha, ha!" rief er, "hast Du auch Respekt vor den Ruten?"
  "Stille, stille, Niklaus", sagte jetzt Frau Holle gebieterisch, "mein Kind braucht keine Ruten; gib mir schnell Antwort auf das, was ich Dich fragte."
  Zum ersten Mal sah jetzt der Nikolaus die Frau Holle und das Christkind ordentlich an; da ward ihm ganz sonderbar zu Mute. Er stand auf, zog seine Mütze ab, kratzte sich hinter den Ohren und sagte dann: "Na, ich weiß nicht wie das kommt, so lange wie mit Euch, habe ich noch mit Niemand im Leben gesprochen, und ich muss Euch auf Alles Antwort geben, wenn ich auch gar nicht will. Eigentlich bin ich ein Lebkuchenbäcker und keiner im ganzen Odenwald kann süßere und würzigere Lebkuchen machen, als ich. Wenn ich aber nun so im Sommer mit meinen Lebkuchen zum Verkaufe herumzog, an die Fenster klopfte und dann oft drinnen in den Stuben den Schmutz und Unrat haufenweise herumliegen sah, da habe ich mich ganz entsetzlich geärgert, denn nichts ist mir unausstehlicher als der Schmutz. Ich hätte längst geheiratet, wenn ich mich nicht vor dem Schmutze fürchtete."
  Frau Holle strahlte vor Freude: "Lieber, lieber Nikolaus, du gefällst mir außerordentlich gut", rief sie entzückt.
  Der Nikolaus lächelte geschmeichelt und sah Frau Holle wieder von oben bis unten an: "Ihr scheint mir wirklich eine saubere Frau zu sein", fuhr er fort; "doch hört nur: da dachte ich, Besen sind den Menschen notwendiger als Lebkuchen, denn die gute Frau Holle fegt nicht mehr bei ihnen wie früher. so verlegte ich mich denn auf's Besen- und Rutenbinden, ziehe mit meinem Eselchen im Lande herum und wo eine schmutzige Wirtschaft mit unartigen Kindern ist, fahre ich hinein, dass es eine Art hat. Dabei verlernt man es freilich ein lustiges Gesicht zu machen."
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  Luise Büchner 1821 - 1877
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