Die Geschichte vom Knecht Nikolaus ( 4 )
"Nein, das ist mir gar nicht recht", sagte der Nikolaus
mürrisch, "da kann nichts draus werden. Im Sommer ließe ich
mir's noch gefallen, im Winter aber ist's mir zu kalt; da lege ich mich lieber
auf meine warme Ofenbank, als das ich in der Nacht draußen
herumlaufe."
"Wir wollen schon dafür sorgen, dass Du nicht frierst", rief
Frau Holle, "ich gebe Dir meinen Pelzrock und meine Pelzmütze, darin
steckt man so warm, wie in einem feurigen Ofen."
"Aber mein Grauchen?" fragte der Nikolaus weiter, "das gebe ich
nicht von mir."
"Das brauchen wir ja gerade so nötig als Dich; auf dem Eselchen
lässt Du mein Christkind reiten, wenn es müde ist und außerdem
hängen wir ihm zwei große Körbe an, in den einen stecken wir
die Ruten, in den andern die guten Sachen. Bist Du so zufrieden?" Der
Nikolaus wollte noch immer nicht recht daran, da kam aber das Christkindchen
hervor, nahm ihn bei der Hand und sagte: "Lieber Nikolaus, Du bist ja doch
den braven Kindern gut, willst Du mich ganz allein durch die Nacht zu ihnen
gehen lassen und nicht auch sehen, wie sie sich freuen, wenn ich ihnen
schöne Geschenke bringe?"
Wie der Nikolaus nun das Christkind so vor sich stehen und in seine lieben
Augen sah, konnte er nicht "Nein!" sagen.
"Herzliebes Christkindchen", rief er, "so will ich denn in
Gottesnamen mit Dir ziehen, wenn ich auch entsetzlich frieren werde, man kann
Dir ja nichts abschlagen. Wenn ich aber nach Hause komme, müsst Ihr mir
immer für ein tüchtiges Feuer sorgen."
"Das sollst Du haben", rief Christkindchen, und die Engelchen tanzten
und schwirrten dem Nikolaus um die Nase herum und schrien:
"Nikelöschen, Nikelöschen,
Morgen geht's zu Karl und Röschen!
Zu Mathildchen und zu Anna,
Zu dem Georg und der Johanna!
Wollen sie nicht artig sein,
Ei, so schlag' nur tüchtig drein!"
bis der Nikolaus ganz zornig ward, mit den Füßen stampfte und mit
beiden Händen das kleine Gesindel von sich abwehrte.
Da rief Frau Holle: "Jetzt ist's genug; trollt Euch fort, führt das
Eselchen in den Stall zu den Kühen, gebt ihm gutes, frisches Heu und macht
ihm ein ordentliches Strohbett zurecht. Hernach aber bringt uns das
Abendessen!"
Die Engelchen stoben auseinander und in einer Minute war Alles getan, was Frau
Holle befohlen. Das Eselchen stand im Stall, fraß sein Heu und rief ein
vergnügtes "I - ah!" dazwischen. Für Frau Holle und
Christkindchen brachten die Engelein süße, köstliche Milch und
Zuckerbrot, vor den Nikolaus aber stellten sie eine große Schüssel
voll Sauerkraut und Kartoffelbrei mit einer langen, langen Wurst. Das gefiel
ihm sehr wohl, er griff wacker zu und sagte: "Liebe Frau Holle, es ist
wirklich recht schön und angenehm bei Euch!"
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Luise Büchner 1821 - 1877
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