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  Frau Ursulas Bescherung ( 3 )
  Der große Christbaum in der Stadt mit seiner kostbaren Bescherung war ihr ganz aus dem Sinne gekommen, sie lachte innerlich vergnügt, und ihre Blicke glänzten nicht anders als die der Kleinen auch. Als sähe Ursula mit den Augen der Kinder, so gefiel ihr nun selbst ihr Bäumlein, das sie doch erst so betrübt angeschaut und woran noch dieselben gewöhnlichen Äpfel, die paar Zuckerstücklein und der einzige Lebkuchen hingen. Aber in dem heimlichen Schatten der grünen Ästlein schienen noch verborgene Herrlichkeiten zu ruhen, aus den zitternden Flämmchen der Kerzen etwas Besonderes und Feierliches zu strahlen, das einen eigenen Schimmer über alles andere ausgoss und es gleichsam verklärte; es war wie das Leuchten des Himmels über dem Stalle zu Bethlehem in der ersten Christnacht.
  Dieses drang auch in das Herz der Mutter, und in ihrer unverhohlenen Freude daran nahm sie mit ganzer Seele teil an all dem kindischen Gerede und auch an der kindlichen Glückseligkeit. sie sagte sich's freilich nicht und wusste es selbst nicht einmal klar; aber was sie inwendig verspürte und was auch ihr Herz erheiterte und durchwärmte und sie selbst wieder zum Kinde werden ließ, das war doch nur das Gefühl, dass die Freude und der Segen der Weihnachtsbescherung nicht von kostbarer Herrlichkeit und vielen Geschenken abhänge, sondern auch vom dürftigsten Christbäumchen unsichtbar als Hauptbescherung leuchtet, die heilige Zufriedenheit und das köstliche Bewusstsein: "Auch uns ist der Heiland geboren!"
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  Theodor Meyer-Merian 1818 - 1867
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