Die italienische Familie ist fort. Alles im Hause ist zur Ruhe gegangen. Ich
bin in meinem Zimmer. Da klopft es sacht an meine Tür; die beiden alten
Freundinnen sind da. "Jetzt komm noch einmal ins Weihnachtszimmer, aber
leise, damit niemand im Hause es merkt; jetzt feiern wir noch einmal
Weihnachten und zünden die Lichter für uns drei Heimatmenschen
an."
Und wir sitzen zusammen im Weihnachtszimmer; der Lorbeerbaum erstrahlt noch
einmal im Kerzenlicht. Wir sprechen von der Heimat und den Menschen, die wir
dort geliebt.
Die Freunde erzählen von ihrem Gut, das zwischen endlosen Wiesen und
Feldern lag; sie sprechen von der grenzenlosen Einsamkeit dort um die
Weihnachtszeit: funkelnder Schnee, soweit das Auge reicht, dazwischen ein
einsames Glöckchen, das die Stille durchklingt, und in dem alten
schönen Hause mit den wunderbaren Möbeln und schönen Bildern
sie, mit ihrem jungen Herzen voll glühender Sehnsucht nach Leben . . Von
dem kleinen Städtchen, das nahe beim Gut lag, wohin sie oft in der
Weihnachtszeit hinüberfuhren; von dem alten Doktor dort, der in seinem
niedrigen, gelb angestrichenen Doktorhaus mit dem großen Garten lebte,
und dessen Liebe und Freude so stark war, dass er alle Herzen reich machte, die
in sein Leben traten. - Sie erzählen von meiner Mutter, die mit ihren
schneeweißen Haaren und jungen leuchtenden Augen durch die Straßen
Roms gewandert war und all die Schönheit, die diese Augen schauten, in
ihre Seele trank . . .Nun sind sie alle tot, die einst so stark gelebt und
geliebt . . .
Langsam brennen die Lichter am Baum herab. Und draußen rauscht der Tiber
und funkeln die römischen Sterne.
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