Es war Niklausabend-Tag, und soeben hatte der Bäcker ein großes
Kuchenblech voll frischgebackener Nikolause aus dem Ofen gezogen.
Die Augen standen ihnen - dass Gott erbarm! - so dick wie Froschaugen aus dem
Kopfe heraus. Eine Nase hatte der Bäcker überhaupt für
überflüssig gehalten - auch Ohren. Der Mund aber saß dem einen
rechts - dem andern links, und hatte eine
verzweifelte Ähnlichkeit mit den Westenknöpfen.
Von den Armen und Beinen gar nicht zu reden! Was kümmerten die den
Bäcker? Er hatte ja alle seine vier Glieder - und nicht zu knapp! Die
Nikolause, die würde er auf alle Fälle verkaufen, ob sie nun wulstige
oder spindeldürre Arme - gerade Beine oder nur zwei zugespitzte Klumpen
hatten.
Zuerst waren nun die Frischgebackenen da eine Weile still. Sie mussten sich die
Welt ringsum doch erst ein wenig ansehn. Da merkten die, die das Glück
hatten, geradeaus sehn zu können, dass die Decke der Backstube lachte.
"Warum lachen Chie?" fragte einer, der einen bedauerlich schiefen
Wund bekommen hatte.
"Ach" - entschuldigte sich die Decke - "ich wunderte mich nur
darüber, dass der Bäcker es in keinem Jahre fertig bringt, tadellose
Nikolause zu backen."
"Tadelloch - wach choll dach heichen?" fragte der Nikolaus und rollte
seine schwarzen Korinthenaugen.
Nun mischten sich auch die andern ein. "Ja - wollen Sie uns bitte eine
Erklärung geben, was sie mit dem Worte "tadellos" gemeint
haben?"
"Ach - ich meinte ja nur so - so - na ja: eben so, wie sich's gehört.
Arme und Beine hübsch regelmäßig geformt, der Mund in der Mitte
und auch die Augen auf ihrem richtigen Platz. Aber es ist noch nie vorgekommen,
dass der Bäcker solche Männer zustande gebracht hat. Der heilige
Nikolaus wird sich bedanken für seine gebackenen Photographien!"
Inzwischen hatte der Bäckermeister sich daran gemacht, ein zweites Blech
mit Teigmännern zu belegen. Sie fielen nicht besser aus. Im Gegenteil! Es
war haarsträubend, was der Bäcker sich in seiner Schöpferlaune
leistete! Klebten zwei Korinthen zusammen - "Da: hast de zwei
Münder."
"Es ist empörend!" rief der Tisch. "Ein Doppelmund! Aber
der wäre dem schwatzhaften Bäcker selber sicher sehr angenehm. Dass
ihm doch der heilige Nikolaus den eigenen Kopf so tief zwischen die Schultern
steckte!"
"Ja - und ihn recht kräftig an den Ohren zwickte," grollte der
Stuhl. "Dann würde er sich seiner Hörorgane vielleicht
erinnern."
Am hitzigsten war aber der Backofen. "Die Augen sollte man ihm auskratzen
und sie ihm hüben und drüben auf die Backen kleistern" - schrie
er wütend. "Ein Skandal ist es! Und schließlich bleibt ja doch
alles an mir hängen."
Nun kam die Frau Bäckermeisterin mit einem Körbchen, stellte die
Nikolause hinein und trug sie in das Schaufenster des Mädchens.
"Aah - aah - aah -," kam es von allen Seiten, "die Herren
Nikolause!" Gleich kam auch ein Trupp Schulbuben die Straße daher,
drückte sich die Nase an den Scheiben platt, rief: "Nikkelees!
Nikkelees!" und verschlang mit den Augen das ganze Körbchen.
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