Der Engel aber flog heim zu Gott und brachte ihm den Wunsch des Knaben.
"Es ist Winter," sprach der Herr, "alle Pflanzen schlafen; soll
ich diese Kindes wegen meine ewigen Gesetze ändern?" "Deine
Allmacht, o Herr, ist größer als dein Gesetz, deine Güte
reicher als dein Wille!" Da lächelte der Herr, dass die Wolken
erstrahlten und ein Klingen durch die Sterne ging. "Komm", sagte er
zum Engel, und sie traten schweigend in den Garten des Paradieses.
Dort blühen die Blumen, die achtlose Hände auf Erden fortgeworfen und
achtlose Füße zertreten haben. Schöner blühen sie hier im
himmlischen Licht als in der irdischen Sonne; und als der Schöpfer zu
ihnen trat, reckten sich Ranken und Gräser ihm entgegen, und die Kelche
strömten über von Duft und Glanz.
Gott aber trat zu einer weißen Lilie, nahm die zitternde aus dem
Schoße des Himmels, küsste sie und gab sie dem Engel. "Dem
Erdenkinde zur Freude und meinem Sohne zum Angedenken blühe diese Botin
des Himmels künftig auf Erden in Eis und Schnee. Die Winde sollen ihren
Samen durch die Länder des Nordens tragen; die Wärme meines Willens
ströme durch ihre Wurzeln und bleibe ihr für die Dauer der irdischen
Zeit!"
"Du aber lege das Zeichen des Todes ab und schütze den Knaben mit dem
warmen Herzen. Breite deine Flügel um ihn aus, dass der Same, der in
seiner Seele keimt, auch in Frost und Dürre nicht ersterbe, und die Blume
der Menschenliebe daraus erblühe; sie ist holder als alle Blumen des
Paradieses."
Dankbar neigte sich der Engel, küsste des Herrn Gewand und ging seinen
Befehlen zu folgen.
So ist die Christblume auf die Erde gekommen, und fromme Menschen fühlen
ihren heiligen Ursprung.
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