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  Der aller erste Weihnachtsbaum ( 2 )
  Eine fünf Fuß hohe Tanne, die allein im Vordergrunde stand, sah besonders reizend aus. Sie war regelmäßig gewachsen, hatte auf jedem Zweig einen Schneestreifen, an den Zweigspitzen kleine Eiszapfen, und glitzerte und flimmerte nur so im Mondenschein.
  Das Christkindchen ließ den Arm des Weihnachtsmanns los, stieß den Alten an, zeigte auf die Tanne und sagte: "Ist das nicht wunderhübsch?"
  "JA," sagte der Alte, "aber was hilft mir das?" "Gib ein paar Äpfel her," sagte das Christkindchen, "ich habe einen Gedanken."
  Der Weihnachtsmann machte ein dummes Gesicht, denn er konnte es sich nicht recht vorstellen, dass das Christkind bei der Kälte Appetit auf die eiskalten Äpfel hatte. Er hatte zwar noch einen guten alten Schnaps in seinem Dachsholster, aber den mochte er dem Christkindchen nicht anbieten.
  Er machte sein Tragband ab, stellte seine riesige Kiepe in den Schnee, kramte darin herum und langte ein paar recht schöne Äpfel heraus. Dann fasste er in die Tasche, holte sein Messer heraus, wetzte es an einem Buchsstamm und reichte es dem Christkindchen. "Sieh, wie schlau du bist", sagte das Christkindchen. "Nun schneid/` mal etwas Bindfaden in zweifingerlange Stücke, und mach` mir kleine spitze Pflöckchen." Dem Alten kam das alles etwas ulkig vor, aber er sagte nichts und tat, was das Christkind ihm sagte. Als er die Bindfadenenden und die Pflöckchen fertig hatte, nahm das Christkind einen Apfel, steckte ein Pflöckchen hinein, band den Faden daran und hängte den an einen Ast.
  "So," sagte es dann, "nun müssen auch an die anderen welche und dabei kannst du helfen, aber vorsichtig, dass kein Schnee abfällt!"
  Der Alte half, obgleich er nicht wusste, warum. Aber es machte ihm schließlich Spaß, und als die ganze kleine Tanne voll von rotbäckigen Äpfeln hing, da trat er fünf Schritte zurück, lachte und sagte: "Kiek, wie niedlich das aussieht! Aber was hat das alles für`n Zweck?"
  "Braucht denn alles gleich einen Zweck zu haben?" lachte das Christkind. "Pass auf, das wird noch schöner. Nun gib mal Nüsse her!"
  Der alte krabbelte aus seiner Kiepe Walnüsse heraus und gab sie dem Christkindchen. Das steckte in jedes ein Hölzchen, machte einen Faden daran, rieb immer eine Nuss an der goldenen Oberseite seiner Flügel, und dann war die Nuss golden, und die nächste an der silbernen Unterseite seiner Flügel, und dann hatte es eine silberne Nuss, und hing die zwischen die Äpfel.
  "Was sagst nun, Alterchen?" fragte es dann, "ist das nicht allerliebst?"
  "Ja," sagte der, "aber ich weiß immer noch nicht - "Kommt schon!" lachte das Christkindchen. "Hast du Lichter?"
  "Lichter nicht," meinte der Weihnachtsmann, "aber `n Wachsstock!"
  "Das ist fein", sagte das Christkind, nahm den Wachsstock, zerschnitt ihn und drehte erst ein Stück um den Mitteltrieb des Bäumchens und die anderen Stücke um die Zweigenden, bog sie hübsch gerade und sagte dann: "Feuerzeug hast du doch?"
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  Hermann Löns 1866 - 1914
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