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  Am Weihnachtstag
  Still ist die Nacht; in seinem Zelt geboren,
  der Schriftgelehrte späht mit finstren Sorgen,
  wann Judas mächtiger Tyrann erscheint;
  den Vorhang lüftet er, nachstarrend lange
  dem Stern, der gleitet über Äthers Wange,
  wie Freudenzähre, die der Himmel weint.
 
  Und fern vom Zelte über einem Stalle,
  da ist's, als ob aufs nied're Dach er falle;
  in tausend Radien sein Licht er gießt.
  Ein Meteor, so dachte der Gelehrte,
  als langsam er zu seinen Büchern kehrte.
  O weißt du, wen das nied're Dach umschließt?
 
  In einer Krippe ruht ein neugeboren
  und schlummernd Kindlein; wie im Traum verloren
  die Mutter knieet, schlichter Mann rückt tief erschüttert
  das Lager ihnen; seine Rechte zittert
  dem Schleier nahe um den Mantel noch.
 
  Und an der Türe steh'n geringe Leute,
  mühsel'ge Hirten, doch die ersten heute,
  und in den Lüften klingt es süß und lind,
  verlor'ne Töne von der Engel Liede:
  "Dem Höchsten Ehr' und allen Menschen Friede,
  die eines guten Willens sind."
  Annette von Droste-Hülshoff 1797 - 1848
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